Welt-CML-Tag 22.09.2021

Weil die Genveränderung durch Chromosom 9 und 22 zur chronischen myeloischen Leukämie (CML) führt, wird jeweils am 22. September an diese chronische Erkrankung gedacht.

Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine chronische Erkrankung der Blut-stammzellen (Blutkrebs). Bei der CML vermehren sich die weissen Blutkörperchen, wel-che der Infektabwehr dienen, unkontrolliert. Unbehandelt führt die CML innert weniger Jahre zum Tod. Dank moderner Medikamente entspricht die Lebenserwartung und die Lebensqualität der CML annähernd derjenigen der Normalbevölkerung.

Ursächlich ist ein Austausch von Erbinformation zwischen dem Chromosom 9 und dem Chromosom 22. Dadurch entsteht auf dem Chromosom 22 das BCR-ABL Fusionsgen. ABL ist eine sogenannte Tyrosinkinase. Sie regelt das Überleben und die Vermehrung der Zelle. Durch die Koppelung an BCR wird ABL übermässig aktiviert und verleiht der «entarteten» Trägerzelle Überlebensvorteile. Das defekte Chromosom 22 wird auch Philadelphia Chromosom genannt, nach dem Ort der Entdeckung in den 60er Jahren.

In fortgeschrittenem Stadium macht die CML schwere Symptome und geht mit Blutarmut, Blutungen und Infekten einher. Zuvor verläuft die CML aber oft symptomlos oder macht nur wenige, unspezifische Beschwerden. Häufig wird die CML daher per Zufall bei einer Blutuntersuchung entdeckt. Weitere differenzierte Blutuntersuchungen und molekulargenetische Tests bestätigen die Diagnose. Die Therapie der Wahl sind dann Tyrosinkinase-Inhibitoren, welche spezifisch das Fusionsprotein BCR-ABL hemmen.

Interview mit dem CML-Spezialisten

Dr. med. et phil Nicola Andina, Oberarzt auf der Universitätsklinik für Hämatologie, hat sich einigen Fragen gestellt:

  1. CML ist relativ selten: Wer erkrankt daran? Und warum?
    Grundsätzlich kann jeder an einer CML erkranken. Spezifische Auslöser sind nicht bekannt. Der Krankheitsgipfel liegt zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.

  2. CML ist meistens ein Zufallsbefund. Machen sich nie Symptome im Vorfeld bemerkbar?
    Oft sind die Beschwerden in der Tat lange Zeit mild und unspezifisch. Müdigkeit oder Bauchbeschwerden aufgrund der vergrösserten Milz stehen im Vordergrund. Möglicherweise fallen milde Beschwerden aufgrund des chronisch-schleichenden Verlaufs erst spät auf.

  3. Wie sehen Diagnose und Therapie aus?
    Bereits mikroskopisch kann im Blutausstrich der Verdacht einer CML geäussert werden. Dieser wird dann durch eine molekulargenetische Untersuchung auf das Vorliegen von BCR-ABL bestätigt. Eine Untersuchung des Knochenmarks (Ort der Blutproduktion) rundet die Diagnose ab.
    Therapeutisch wird in erster Linie ein Tyrosinkinase-Inhibitor, welcher spezifisch das Fusionsprotein BCR-ABL hemmt, eingesetzt. Innerhalb weniger Wochen normalisie-ren sich die Blutwerte. Danach wird die Therapie mit Hilfe eines quantitativen mole-kulargenetischen Tests auf BCR-ABL überprüft. Vereinfacht gesagt, wird dabei die Menge an vorhandenen BCR-ABL Kopien gemessen. Im Laufe der Therapie nehmen diese, und somit auch die «Krebszellen», im Körper ab. Nach langjähriger Therapie kann es vorkommen, dass trotz mondernster Technik, keine Kopien mehr gefunden werden können.

  4. Kann die CML geheilt werden? Müssen Medikamente lebenslang eingenommen werden?
    Theoretisch kann die CML mittels Knochenmarkstransplantation geheilt werden. Eine Knochenmarkstransplantation ist allerdings nicht ungefährlich und kann zu chronischer Erkrankung und Tod führen. Dank der heutigen Medikamente ist die Prognose der CML aber viel zu gut und eine Knochenmarkstransplantation ist nur noch in ganz seltenen Fällen nötig. Gelegentlich kommt es vor, dass die CML unter der medikamentösen Therapie so weit zurückgedrängt wird, dass sie auch nach Ab-setzten der Therapie nicht mehr zurückkommt. Man spricht dann von funktioneller Heilung. Ein Absetzversuch darf nur bei Vorliegen von strikten Kriterien und nur unter engmaschiger Kontrolle erfolgen.

  5. Gerade zu Blutkrebs kursiert viel Halbwissen und das wiederum schürt Ängste. Aber: Leukämie ist nicht gleich Leukämie. Warum?
    Es gibt sehr viele Formen von Blutkrebs mit ganz unterschiedlicher Prognose. Grob werden akute von chronischen Formen unterschieden. Dabei führen akute Leukämien unbehandelt rasch zum Tod, während gewisse chronische Leukämien zeitlebens keine Therapie benötigen. Auf der anderen Seite gibt es akute Leukämien, welche sehr gut behandelt werden können und chronische Leukämien, für die es keine optimalen Therapien gibt.